Indi­vi­dua­li­sierte Therapie des Grauen Stars mit Laser und Linsen

Seit Ende letzten Jahres können Patienten der Augenklinik im Bürger­hospital mit einer neuen Lasertechnik behandelt werden. Der sogenannte Femtosekundenlaser verbessert die Behand­lungs­qua­lität bei der Therapie des Grauen Stars maßgeblich. Prof. Dr. med. Fritz Hengerer, Chefarzt der Augenklinik, erläutert die Vorteile.

Die Entfernung einer altersbedingten Linsentrübung im Auge - bekannt als Grauer Star bzw. Katarakt – ist die weltweit am häufigsten durchgeführte Operation. Kein Wunder: Schließlich hat rund die Hälfte  aller Menschen über 50 Jahre einen Grauen Star. Ab einem Alter von 65 Jahren sind sogar 90 Prozent der Bevölkerung betroffen. Und gerade im fort­ge­schrit­tenen Alter beeinträchtigt die Trübung der Augenlinse zunehmend das Sehvermögen. Dann ist eine Katarakt-Operation unvermeidlich.

In der Augenklinik des Bürger­hospitals werden jährlich mehr als 3.000 dieser mikrochirurgischen Eingriffe durchgeführt – die meisten von ihnen ambulant. Neben der Standard-Opera­tions­me­thode, die Ultraschall zur Entfernung der getrübten Linse nutzt, hat sich die Femtosekunden-Lasertechnologie seit einigen Jahren als erfolgreiche Alternative etabliert.

Wie verläuft eine herkömmliche  Katarakt-Operation?

Bei der herkömmlichen Opera­tions­technik werden zunächst sehr kleine Schnitte mit einem Skalpell in der Hornhaut angelegt. Durch diese nur 2,2 Millimeter breiten Öffnungen erfolgen alle weiteren Schritte: die Öffnung der vorderen Linsenkapsel, die Entfernung der Linse und das Einsetzen der neuen Kunstlinse. Dabei wird die Linsenkapsel händisch mit einer Kanüle oder Pinzette geöffnet. „Dieser Schritt bedarf besonders großer Sorgfalt, da sich Unregelmäßigkeiten später auf die Position der neuen Kunstlinse im Auge auswirken können“, erklärt Professor Hengerer. Anschließend wird der harte Linsenkern mit Ultraschall zertrümmert und abgesaugt. Die Kunstlinse wird dann abschließend mit Hilfe eines Injektors direkt in die Hülle der alten Linse eingebracht.

Mehr Präzision durch Femtosekundenlaser

Alternativ zur herkömmlichen Methode kommt seit Ende 2018 der Femtosekundenlaser im Bürger­hospital zum Einsatz. Dieses Laserverfahren ist in der Lage, sowohl die Öffnung der Linsenkapsel berührungsfrei und kreisrund durchzuführen als auch die verhärtete Linse durch entsprechende Schnitte in kleine Würfelchen zu schneiden. Damit kann in den meisten Fällen die alte Linse ohne zusätzlichen Einsatz von Ultraschallenergie entfernt werden, was die Hornhautzellen und die Pupille schont. 

Der Laser vermisst und analysiert

Vor dem eigentlichen Eingriff vermisst der Laser das Auge und berechnet für den Operateur einen individuellen Behandlungsvorschlag, der die Besonderheiten des Auges dreidimensional berücksichtigt. Das ermöglicht später eine optimale Ausrichtung der neuen Linse im Kapselsack. „Das ist eine wesentliche Voraussetzung, damit die  optische Wirkung der neuen Linse voll zur Geltung kommen kann. Denn ist die Linse noch so gut, sie muss später auch richtig sitzen“, erläutert Professor Hengerer.

Das Kernstück: Die Laserbehandlung

Dank der präzisen Arbeit des Lasers entsteht eine kreisrunde Öffnung der Linsenkapsel exakt an der Stelle, an der die neue Linse eingesetzt werden muss. Dieser Schnitt des Lasers dauert keine Sekunde. „Wir arbeiten chirurgisch, aber ohne Skalpell“, erklärt Professor Hengerer. Anschließend zerteilt der Laser die getrübte Linse in viele kleine Würfelchen, die dann einfach abgesaugt werden können. Abschließend kann die neue Kunstlinse direkt in die leere Linsenkapsel eingebracht werden. „Die Femtosekundenlaser-Operation bietet somit einige wesentliche Vorteile im Vergleich zum Standardeingriff mit Skalpell und  Ultraschall: Die Behandlungsplanung kann auf jedes Auge individuell und sehr genau angepasst werden, die Öffnung der Linsenkapsel ist perfekt kreisrund und wir benötigen keinen Ultraschall mehr“, fasst Professor Hengerer zusammen.

Die Implantation der neuen Linse Je nach Wahl der gewünschten Linse und der anatomischen Verhältnisse kommen ganz unterschiedliche Linsen zum Einsatz. Patienten können etwa zwischen herkömmlichen monofokalen Linsen mit nur einem Brennpunkt und asphärischen Linsen wählen, die für mehr Schärfentiefe sorgen. Darüber hinaus werden torische Linsen zur Korrektur einer Horn­haut­ver­krüm­mung (Astigmatismus) eingesetzt.

Auch multifokale Linsen sind seit vielen Jahren bereits in unter­schied­lichen Variationen im Einsatz. Sie ermöglichen einen  Alltag weitestgehend ohne Brille und können Objekte in der Ferne, im mittleren  Nahbereich oder in der Nähe relativ scharf fokussieren.

Am Bürger­hospital wird darüber hinaus eine besondere Linsen­tech­no­logie verwendet, die sogenannte Licht-adjustierbare  Linse. Sie wurde 1999 in den USA von  Dr. Daniel Schwarz und dem späteren  Nobelpreisträger für Chemie Robert Grubbs entwickelt. Sie ermöglicht eine postoperative nicht-invasive Korrektur von Refraktionsfehlern. Ihre Brechkraft kann also auch nach der Implantation unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des  Patienten angepasst werden. „Hier sind Korrekturen von bis zu drei Dioptrien möglich. Wenn der Patient also nach Einsetzen der neuen Kunstlinse noch eine Anpassung seiner Sehstärke wünscht, können wir das nachträglich steuern“, erklärt Professor Hengerer. Auch nach einer ersten Justierung kann der Patient seine Seheigenschaften für einige Zeit testen. Ist er nicht zufrieden, wird nochmal angepasst. „Das Prozedere dauert keine zwei Minuten. Normalerweise justieren wir ein- oder zweimal“, ergänzt Professor Hengerer. „Dann sind die Patienten zufrieden und wir können die Linse  fixieren.“ Anschließend lässt sich ihre Form nicht mehr verändern und die Patienten können sich auch von ihrer UV-Schutzbrille verabschieden, die sie nach der Operation zunächst tragen mussten.

Derzeit wird diese Linsen­tech­no­logie noch im Rahmen einer kontrollierten Anwen­dungs­be­ob­ach­tung im Bürger­hospital und in vier weiteren europäischen Augenkliniken eingesetzt. „Voraussichtlich werden sie ab nächstem Jahr auch frei verfügbar werden“, freut sich Professor Hengerer.

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Uhr­­türmchen 1/2024

In dieser Ausgabe lesen Sie:

  • Für kranke Kinder stark bleiben – Chefarztwechsel am Clementine Kinder­hospital
  • Großes Herz für nierenkranke Kinder – Die Nephrologie am Clementine Kinder­hospital
  • Im Porträt: Patien­ten­für­spre­cherin Marion Weber
  • Teamtrainings für den Notfall – Simulationszentrum für das Bürger­hospital und Clementine Kinder­hospital
  • Im Gespräch: Abschied von Geschäftsführer Wolfgang Heyl
  • Von der Theorie zur Praxis – Das Praktische Jahr für Medizinstudierende am Bürger­hospital

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