Gelenkersatz: Bewegung ist Lebensqualität

Wenn aufgrund von Gelenkverschleiß oder eines Unfalls eine schmerzfreie Bewegung nicht mehr möglich ist, ist der Gelenkersatz in vielen Fällen der letzte Weg zurück zu einer schmerzfreien Mobilität. Dr. med. Christoph Theis, seit April dieses Jahres Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Bürger­hospital Frankfurt, erklärt, was die Vor- und Nachteile von künstlichen Schulter-, Knie- und Hüftgelenken sind.

Wir alle sind täglich in Bewegung oder sollten es zumindest sein. Denn Bewegung gehört zum Leben. Insbesondere Hüft- und Kniegelenke spielen dabei eine entscheidende Rolle. Bewusst wird uns die Bedeutung einer schmerzfreien und uneingeschränkten Mobilität häufig allerdings erst, wenn wir uns eine Verletzung zuziehen oder die Gelenkprobleme durch chronischen Verschleiß zunehmen. Letztere Situation beschreibt die Arthrose, die aufgrund ihrer Häufigkeit auch als Volkskrankheit bezeichnet wird. Eine seltenere, aber dennoch bedeutsame Ursache für eine Gelenkzerstörung ist die rheumatoide Arthritis, kurz Rheuma genannt. Trotz einer deutlichen Verbesserung der Thera­pie­mö­glich­keiten dieser chronischen Erkrankung durch moderne Medikamente kommt es bei vielen Rheumakranken immer noch zu einer fortschreitenden Zerstörung der Gelenke.

Neben der Einschränkung der Gehfähigkeit stehen bei fort­ge­schrit­tenem Gelenkverschleiß regelmäßig starke Schmerzen im Vordergrund. Sind alle konservativen Behandlungsmaßnahmen, wie Krankengymnastik und Schmerzmedikamente, ausgeschöpft, bleibt häufig nur noch der operative Ersatz des betroffenen Gelenks durch ein Kunstgelenk, eine sogenannte Endoprothese. In Deutschland werden jährlich ca. 200.000 künstliche Hüftgelenke und 180.000 künstliche Kniegelenke implantiert. Mit großem Erfolg. Das renommierte Wissen­schaftsmagazin „The Lancet“ hat vor wenigen Jahren die Hüftgelenks-Ersatzoperation zur erfolgreichsten Operation überhaupt gekürt. Die Implantation einer Endoprothese wird heute in Deutschland als Routineeingriff angesehen. Der Weg dorthin war allerdings lang und von vielen Rückschlägen geprägt.

Bei der Operation arbeiten Dr. Theis und sein Team Hand in Hand. Hier zu sehen beim Ersatz eines Kniegelenks.

Eine Behandlungsform mit Historie

Die Geschichte der Endoprothetik reicht bis an das Ende des vorletzten Jahrhunderts zurück. Der Berliner Chirurg Themistocles Gluck wagte erstmals 1890 den Ersatz eines Kniegelenks, welches von einer Tuberkulose zerstört war und verwendete dabei als Material Elfenbein. Er war mit dieser Idee seiner Zeit weit voraus, denn bis dahin war die Amputation der Gliedmaße häufig die einzige Behand­lungs­mö­glich­keit. Allerdings scheiterte er damals. Die Infektionen der Kunstgelenke waren nicht beherrschbar und das Material erwies sich als ungeeignet. In der Folgezeit bemühten sich verschiedene Chirurgen in Europa um die Entwicklung eines Hüftgelenkersatzes. Neben der Entwicklung von geeigneten Materialien spielte hierbei die Suche nach einer stabilen Knochenverankerung eine entscheidende Rolle.

Der Durchbruch gelang in den Sechziger- Jahren des 20. Jahrhunderts mit der Anwendung von „Knochenzement“, eigentlich einem Kunststoff (Acrylat), welcher aus der Zahnheilkunde bereits bekannt war. Der britische Chirurg und Orthopäde John Charnley beschrieb 1960 die Veran­ke­rungs­technik mit diesem Material, welches eine hohe Stabilität des Kunstgelenks gewährleistete. Auch die Verbesserung der Hygiene im Operationssaal, die Beimischung von Antibiotika zum Knochenzement sowie die prophylaktische Gabe von Antibiotika während der Operation konnten die Infektionsrate stark senken. Heute liegt das Infektionsrisiko bei ca. 0,5 bis 1 Prozent. Der Ersatz des Hüftgelenks konnte sich damit weltweit als Stan­dard­ver­fahren durchsetzen. Charnley gilt heute als Pionier auf diesem Gebiet.

In der weiteren Entwicklung der Kunstgelenke bis heute spielte neben der Veran­ke­rungs­technik dann zunehmend die Verbesserung der Materialien eine entscheidende Rolle. Die in den Anfangszeiten verwendeten Chrom-Kobalt-Legierungen sind heute weitgehend durch Titan abgelöst. Moderne Titanimplantate können auch ohne Verwendung von Knochenzement implantiert werden und heilen stabil in den Knochen ein. Dies kann insbesondere bei jüngeren Patienten ein Vorteil sein. Denn auch vergleichsweise junge Menschen benötigen nicht selten ein Kunstgelenk: beispielsweise bei vorzeitigem Verschleiß der Hüfte durch eine Hüft­rei­fungs­stö­rung (sogenannte Dysplasie-Hüfte) oder bei unfallbedingter Gelenkzerstörung.

Die Physiotherapie spielt bei vielen orthopädischen Behandlungen eine wichtige Rolle - so auch beim Gelenkersatz.

Routine mit Einschränkungen

Trotz der immer wieder geäußerten Einschätzung, bei Gelenk­er­satz­ope­ra­tionen handele es sich aufgrund der Häufigkeit um einen Routineeingriff, gibt es viele Aspekte, die berücksichtigt werden müssen, um tatsächlich ein hervorragendes Operationsergebnis, auch langfristig, zu erzielen. Denn selbst kleine Fehler können enorme Auswirkungen haben. Jeder dieser Eingriffe muss deshalb zunächst auf das Sorgfältigste geplant werden. Dies fängt bereits bei der Untersuchung und Beratung des einzelnen Patienten an. Hier geht es häufig zunächst darum, realistische Erwartungen an die Belastbarkeit eines Kunstgelenks und an das zu erwartende Operationsergebnis im Einzelfall zurechtzurücken.

Nicht wenige Menschen haben die Erwartung - teilweise auch durch gezielte „Hochglanzwerbung“ der Implantate-Hersteller geweckt -, mit einem künstlichen Hüftoder Kniegelenk immer und ohne jede Einschränkung alle Aktivitäten des Lebens problemlos wieder aufnehmen zu können. Hiervor muss gewarnt werden. Insbesondere, da in den letzten Jahren gleichzeitig die Ansprüche der Menschen in Bezug auf die Möglichkeiten hinsichtlich eines aktiven Lebens, gerade im höheren Lebensalter, deutlich zugenommen haben: Skifahren, Golfspielen oder mit den Enkeln Fußballspielen gehört heute für viele selbstverständlich zu den Wünschen und Ansprüchen an ein Leben mit einem Kunstgelenk. Hier bestehen allerdings, trotz gelungener Operation, durchaus Einschränkungen.

Gelenkerhaltende Maßnahmen bevorzugt

Mit an erster Stelle steht immer auch die Überlegung, ob ein Kunstgelenk überhaupt notwendig ist oder ob nicht auch gelenkerhaltende Operationen in Betracht kommen. Denn insbesondere am Kniegelenk kann durch eine Korrektur der Beinachse (sogenannte Umstellungsoperation) und durch knorpelchirurgische Thera­pie­maß­na­hmen eine erhebliche Verbesserung der Beschwerden erzielt oder zumindest ein Gelenkersatz für Jahre hinausgezögert werden. Ähnliche Verfahren sind auch am Hüftgelenk etabliert und kommen insbesondere bei jüngeren Patienten in Betracht. Denn trotz aller Verbesserung der Implantate und der Opera­tions­tech­niken ist die Haltbarkeit der Kunstgelenke begrenzt. Zwar können Hüft- und Knie­ge­lenks­im­plan­tate statistisch gesehen 15 Jahre und länger halten, dennoch kann die Haltbarkeit eines Implantates im Einzelfall deutlich herabgesetzt sein. Die häufigsten Gründe hierfür sind die Infektion und der Knochenbruch um die Endoprothese.

Vor jeder Operation beraten Dr. Theis und sein Team die Patienten ausführlich.

Sorgfältige Planung – auch am PC

Ist die Notwendigkeit eines Gelenkersatzes gegeben, beginnt die eigentliche Planung der Operation. Neben der genauen Analyse des Röntgenbildes hinsichtlich der individuellen Anatomie sind Begleit­erkran­kungen wie eine Osteoporose oder Allergien für die Auswahl des Implantats von entscheidender Bedeutung. Wir können heute auf moderne technische Hilfsmittel, eine spezielle CAD-Software, zurückgreifen. So können neben Größe und Verankerungsform des Implantats auch ein bestimmter Prothesentyp, für jeden einzelnen Bei der Operation arbeiten alle im Team Hand in Hand. Hier zu sehen beim Ersatz eines Kniegelenks. Patienten, simuliert werden. Im Einzelfall besteht sogar die Möglichkeit, sogenannte Indi­vi­dual­pro­thesen anfertigen zu lassen. Neben der Operation selbst spielen aber auch die Narkose und die Nachbehandlung, insbesondere die Physiotherapie, für die Genesung und den Behand­lungs­er­folg eine entscheidende Rolle.

Annähernde Schmerzfreiheit und frühe Mobilität

Waren früher die Beherrschung der Schmerzen nach der Operation durchaus noch ein Problem, so kann heute durch moderne Anäs­the­sie­ver­fahren, wie die Regionalanästhesie mit Schmerzkathetern oder Betäu­bungs­ver­fah­ren, welche direkt im operierten Gelenk wirken, eine annähernde Schmerzfreiheit her- und eine frühe Mobilisation des Patienten sichergestellt werden. Vorbei sind glücklicherweise die Zeiten, in denen ein Patient nach einer Knie­pro­the­sen­ope­ra­tion zunächst für Wochen eingegipst wurde und Hüft­en­do­pro­thesen- Patienten über mehrere Wochen ihr operiertes Bein nicht belasten durften. Die stetige Verbesserung der Opera­tions­tech­niken in Verbindung mit bewährten Implantaten sowie die gründliche Schulung und Erfahrung des Chirurgen sind der Schlüssel zum Erfolg und haben dazu geführt, dass unsere Patienten nach wenigen Wochen in aller Regel wieder schmerzfrei mobil sind und andererseits die Komplikationen stetig weniger geworden sind. Für die allermeisten Patienten bedeutet deshalb die Implantation eines Kunstgelenks eine erhebliche Verbesserung ihrer Lebensqualität. Mancher hat nach einigen Jahren sogar vergessen, dass er ein Kunstgelenk in sich trägt.

 

Dr. med. Christoph Theis

Über unsere Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie

Dr. Christoph Theis (2. v. r.) mit seinem Leitungsteam (v. l.): Dr. med. Jacek Ledwon, Leiter des Klinikbereichs Unfallchirurgie, und die Stationsleiter der N7 Katrin Jachning und Wolfgang Walther.

Neben der Endoprothetik ist die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie u. a. auf Sport­ver­let­zungen und Handchirurgie spezialisiert. Außerdem ist sie für das D-Arzt-Verfahren zugelassen und darf daher Arbeits-, Schul- und Wegeunfälle versorgen. Im Bereich der Unfallchirurgie ist die Klinik zertifiziertes Lokales Traumazentrum. Das komplette Leis­tungs­spek­trum finden Sie unter:

www.buergerhospital-ffm.de/orthopaedie

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... am Bürger­hospital Frankfurt und am Clementine Kinder­hospital

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Wir alle sind täglich in Bewegung oder sollten es zumindest sein. Denn Bewegung gehört zum Leben. Insbesondere Hüft- und Kniegelenke spielen dabei eine entscheidende Rolle. Bewusst wird uns die Bedeutung einer schmerzfreien und uneingeschränkten Mobilität häufig allerdings erst, wenn wir uns eine Verletzung zuziehen oder die Gelenkprobleme durch chronischen Verschleiß zunehmen. Letztere Situation beschreibt die Arthrose, die aufgrund ihrer Häufigkeit auch als Volkskrankheit bezeichnet wird. Eine seltenere, aber dennoch bedeutsame Ursache für eine Gelenkzerstörung ist die rheumatoide Arthritis, kurz Rheuma genannt. Trotz einer deutlichen Verbesserung der Thera­pie­mö­glich­keiten dieser chronischen Erkrankung durch moderne Medikamente kommt es bei vielen Rheumakranken immer noch zu einer fortschreitenden Zerstörung der Gelenke.

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Vor jeder Operation beraten Dr. Theis und sein Team die Patienten ausführlich.

Sorgfältige Planung – auch am PC

Ist die Notwendigkeit eines Gelenkersatzes gegeben, beginnt die eigentliche Planung der Operation. Neben der genauen Analyse des Röntgenbildes hinsichtlich der individuellen Anatomie sind Begleit­erkran­kungen wie eine Osteoporose oder Allergien für die Auswahl des Implantats von entscheidender Bedeutung. Wir können heute auf moderne technische Hilfsmittel, eine spezielle CAD-Software, zurückgreifen. So können neben Größe und Verankerungsform des Implantats auch ein bestimmter Prothesentyp, für jeden einzelnen Bei der Operation arbeiten alle im Team Hand in Hand. Hier zu sehen beim Ersatz eines Kniegelenks. Patienten, simuliert werden. Im Einzelfall besteht sogar die Möglichkeit, sogenannte Indi­vi­dual­pro­thesen anfertigen zu lassen. Neben der Operation selbst spielen aber auch die Narkose und die Nachbehandlung, insbesondere die Physiotherapie, für die Genesung und den Behand­lungs­er­folg eine entscheidende Rolle.

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Dr. med. Christoph Theis

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Dr. Christoph Theis (2. v. r.) mit seinem Leitungsteam (v. l.): Dr. med. Jacek Ledwon, Leiter des Klinikbereichs Unfallchirurgie, und die Stationsleiter der N7 Katrin Jachning und Wolfgang Walther.

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