Über die Schulter geschaut: Über den Dächern Frankfurts - Die AEMP am Bürger­hospital

Hygiene ist das A und O eines jeden Krankenhauses. Dreh- und Angelpunkt hierfür ist die Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte, kurz AEMP, früher Zentralsterilisation genannt. Ausgestattet mit passender Bereichskleidung sowie der Anweisung „Nur gucken, nichts anfassen“, tauchen wir in den sogenannten Medizinprodukte-Kreislauf ein.

Mit dem Aufzug geht es hoch in den 6. Stock des Neubaus, der seit seiner Eröffnung 2019 die AEMP beheimatet. Damit gehört sie vermutlich zu einer der höchstgelegenen Einheiten Deutschlands. Die meisten befinden sich, wenn überhaupt im Krankenhaus, eher in den Kellergeschossen der Einrichtungen. Eben noch ganz angetan vom Ausblick auf das Nordend schallt ein bestimmtes „Stopp!“, als ich meinen Notizblock kurz auf dem Tresen ablege. „Sie können sich hier alles holen, was sie nicht wollen“, erklärt Christian Boss, Leiter der AEMP am Bürger­hospital. Wir befinden uns im „unreinen Bereich“, der räumlich vom „reinen Bereich“ getrennt ist, um Keim­ver­schlep­pungen zu verhindern. In großen, stählernen Rollwagen kommen hier die Operationssiebe gefüllt mit benutzten Instrumenten an. Neben Zangen, Scheren und Klemmen gehören dazu auch Atemschläuche und -masken sowie Instrumentarien für minimal-invasive Eingriffe und weitere Werkzeuge aus dem Klinikbetrieb. Wir sind am Startpunkt der Aufbereitung und Rückführung in den Instru­men­ten­kreis­lauf am Bürger­hospital und Clementine Kinder­hospital.

Mitarbeiter wie Amer Rahic nehmen hier die OP-Siebe mit den Instrumenten entgegen und erfassen diese zuerst im EDV-System, bevor sie entladen werden. „Für diesen Job darf man keinen empfindlichen Magen haben“, scherzt Rahic, als er die Instrumente von groben Verschmutzungen befreit. Ausei­nan­der­ge­schraubt und auf passende Träger gesetzt, werden sie dann in an Geschirrspüler erinnernde große Reinigungs- und Desin­fek­tions­ge­räte geladen, kurz auch RDGs genannt. „Wir sind quasi die Waschstraße der OPs“, hält Boss fest.

Nach durchschnittlich einer Stunde ertönt ein piependes Signal. Wir befinden uns nun auf der „reinen Seite“, wo die gereinigten Instrumente aus den RDGs entnommen und von anderen Mitarbeitern an Packtischen, wenn nötig, wieder zusammengesetzt, geprüft und gepflegt werden. Auch hier müssen manchmal Instrumente geölt und gegebenenfalls von Reparaturfirmen nachjustiert werden, um ihre Funktionalität möglichst lange zu erhalten.

Und wieder piept der Scanner. Zur ordnungsgemäßen Aufbereitung von Medizinprodukte gehört die lückenlose Dokumentation aller einzelnen Aufbe­reit­ungs­schritte. Dafür ist der gesamte Prozess durch viele EDV-gestützte Kontrollpunkte bestückt. „Suchen kostet Zeit und Zeit ist kostbar“, erklärt Ivo Kielmann, seit fünf Jahren Mitarbeiter in der AEMP. Jedes Set hat seine Identifikation, seine Geschichte, wer ist Hersteller, wer hat es repariert, wer geliefert, welchen Schwierigkeitsgrad hat es bei der Aufbereitung. „Der Barcode ist der jeweilige Hygienepass, quasi der Lebenslauf eines jeden Instruments“, erklärt er weiter. Bei über 1.000 verschiedenen Sieben und Sets mit bis zu je 80 Artikeln ist es schwer, immer den Überblick zu wahren. Also stellte das heute 10-köpfige Team der AEMP beim Umzug in den Neubau ein neues EDV-System auf die Beine. Dieses wurde neben den Packlisten mit eigenen Fotos und Anleitungsvideos gefüttert, die beim Scan jedes Produktes für die Kollegen abgerufen werden können. Teil des Systems sind auch die OP-Pläne. Über einen Flachbildschirm verfolgen die Mitarbeiter, welche Operationen fertig sind, welche laufen oder noch kommen. „Das ist für unsere Planung in der AEMP wichtig“, erklärt Agrita Hermann, stellvertretende Leiterin der AEMP und seit 2009 am Bürger­hospital.

Nach der Überprüfung und Pflege folgt die Sterilisation. Die Medizinprodukte müssen hierfür in ein sogenanntes Sterilbarrieresystem eingelegt werden. Das können entweder Steri­li­sa­tions­con­tainer oder siegelfähige Tüten sein. Dies sorgt für die keimdichte und staubarme Verpackung der Medizinprodukte. In einem Dampf­ste­ri­li­sator werden sie schließlich sterilisiert oder auch „im Ofen bei 134 Grad gebacken“, veranschaulicht AEMP-Leiter Boss, der zuvor auch als gelernter Konditor arbeitete.

Wir nähern uns dem Ende des durchschnittlich sechsstündigen Aufbe­reit­ungs­kreis­laufes und befinden uns im Nachbarraum. Hier werden die Siebe aus den Dampf­ste­ri­lisa­toren rausgeholt. Nach dem Abkühlen werden sie kommissioniert und für den neuen Gebrauch im OP oder auf Station eingelagert. Wieder piepen die Scanner. Auf der anderen Seite klappern schon die nächsten Rollcontainer mit Medizinprodukten, die für ihren Einsatz wiederaufbereitet werden.

Arbeiten am Bürger­hospital

Beiträge aus der gleichen Kategorie

25.04.2024 - Innere Medizin

Volkskrankheit Reflux - Neues Zentrum am Bürger­hospital

Bundesweit leiden rund 20 Prozent der erwachsenen Bevölkerung unter einem Reflux. Im Volksmund häufig einfach Sodbrennen genannt, liegt ein Reflux vor, wenn Säure aus dem Magen in die Speiseröhre fließt. Das Bürger­hospital bietet in seinem neuen Refluxzentrum Betroffenen jetzt alle Behand­lungs­mö­glich­keiten gebündelt an.

14.03.2024 - Frauen­heil­kunde & Geburtshilfe

Gespendete Frauenmilch - Optimale Starthilfe für Frühgeborene

Die Geburt eines Frühchens markiert oft den Beginn einer emotionalen Achterbahnfahrt für Eltern und medizinisches Fachpersonal gleichermaßen. Der frühe Start ins Leben erfordert neben dem Kämpfergeist des Frühchens auch fortschrittliche medizinische Versorgung sowie eine besondere Form der Pflege und Nahrungszufuhr. Seit Sommer 2022 kann die Klinik für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin des Bürger­hospitals stationär behandelte Frühgeborene mit Spenderinnenmilch versorgen. Möglich macht das die Kooperation mit der Frankfurter Frauenmilchbank.

16.02.2024 - Innere Medizin

Hightech und Handarbeit - Wie medizinischer Fortschritt, Erfahrung und Präzision die Schild­drü­sen­chi­rurgie optimieren

Ob Morbus Basedow, eine Erkrankung der Nebenschilddrüse oder gar ein Schilddrüsenkarzinom – rund 1.700 Patient:innen schaffen Dr. med. Christian Vorländer und sein Team jedes Jahr ganz wortwörtlich „ein Problem vom Hals“. Als Spezialist:innen für Schild­drü­sen­ope­ra­tionen wissen sie genau, in welchen Fällen eine Operation vermeidbar bzw. dringend geboten ist. Deswegen überweisen niedergelassene Ärzt:innen viele ihrer Patient:innen an die Endokrine Chirurgie des Frankfurter Bürger­hospitals, um eine krankhafte Veränderung an der Schilddrüse abklären zu lassen.