Neue Klinik für Operative Gynäkologie: „Wir möchten möglichst viel Lebensqualität zurückgeben“

Prof. Dr. Amadeus Hornemann hat kürzlich die neue Klinik für Operative Gynäkologie am Bürger­hospital eröffnet. Der erfahrene Gynäkologe berichtet im Gespräch von seinem Start und den Zielen, die er als Chefarzt mit seinem Team verfolgt.

Herr Prof. Hornemann, Sie haben zum ersten Oktober am Bürger­hospital angefangen. Wie haben Sie den Start im Bürger­hospital erlebt?

Die stärkste Kraft in einem Unternehmen sind die Mitarbeiter. Der Erfolg steht und fällt mit ihnen. In allen Bereichen des Bürger­hospitals habe ich eine hohe Motivation und einen guten Geist verspürt. Das hat mich sehr gefreut. Beeindruckt hat mich beispielsweise, dass ich schon lange vor dem 1. Oktober an der Pforte erkannt, mit Namen angesprochen und willkommen geheißen wurde. Das habe ich so noch nicht erlebt.

Welche Schwerpunkte bringen Sie und Ihr Team mit ans Bürger­hospital?

„Übung macht den Meister.“ Diese alte Weisheit trifft auch in der Medizin in vielen Bereichen zu. Trotz meiner sehr breiten Ausbildung an verschiedenen Universitätskliniken sehe ich die Zukunft der operativen Gynäkologie in einer hohen Spezialisierung. Mein Team und ich fokussieren uns daher auf minimal-invasive gynäkologische Operationen (Laparoskopie und Hysteroskopie). Dazu gehören unter anderem die Ausschälung von Myomen, die Behandlung von Endometriose, die operative Therapie von Inkontinenz und die Entfernung der Gebärmutter. Ein besonderer Eingriff in der neuen Abteilung ist die Transplantation von Sehnengewebe aus dem Oberschenkel in den Bauchraum bei Gebärmuttersenkung (HoTT®- Operation). 

Die von Ihnen entwickelte HoTT®- Methode, durch die Gebärmuttersenkungen ohne umstrittene Kunststoffnetze therapiert werden können, hat weltweit Aufmerksamkeit erregt und setzt sich immer mehr durch. Wie sind Sie zu dem Behand­lungs­an­satz gekommen?

Ich kannte die große Diskussion über Kunststoffnetze und wusste, dass es bereits Länder gab, in denen diese nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Als eine Patientin 2018 nicht zur OP erschien, habe ich die freie Zeit genutzt, um meinem unfall­chi­rur­gischen Kollegen Dr. Wolfgang Franz bei einer Knie-OP zuzusehen. Bei Kreuzbandoperationen ist es üblich, körpereigenes Sehnengewebe aus dem Oberschenkel zur Stabilisierung des Knies zu verwenden. Dabei mir fiel auf, dass der Chirurg das Sehnengewebe nicht aus dem gesunden, sondern aus dem geschädigten Bein des Patienten entnahm. Mir wurde klar: Wenn selbst ein verletztes Bein diese Sehne so wenig benötigt, kann ich sie vielleicht auch für eine gynäkologische Operation verwenden.

Jüngst haben Sie die Methode auch zusammen mit Ihrem Kollegen der Allgemeinchirurgie, Chefarzt Dr. med. Fabian A. Helfritz, bei einer Leisten-OP angewandt. Wie ist es dazu gekommen – und ist der Eingriff erfolgreich verlaufen?

Dr. Fabian Helfritz kenne ich seit mehreren Jahren, da unsere Töchter dieselbe Schule besuchten. Ich schätze seine hohe Expertise und finde es beeindruckend, wie erfolgreich er seine Abteilung weiter-entwickelt. Bereits 2018 hatte ich die Idee, das für meine HoTT®-OP entnommene Sehnengewebe aus dem Oberschenkel zu einem Netz zu schneiden, um es auch für Bauchwandhernien einzusetzen. Dr. Helfritz, der am Bürger­hospital ein großes zertifiziertes Hernienzentrum leitet, war von der Idee begeistert und wir haben gemeinsam ein Projekt entwickelt und einen Forschungsantrag gestellt. Die Dr. Sencken­berg­ische Stiftung war von der Idee derart überzeugt, dass sie unser Projekt mit rund 500.000 Euro unterstützt. Kürzlich konnten wir die weltweit erste Operation einer Leistenhernie mit Sehnengewebe erfolgreich durchführen.

Was ist Ihnen bei der Behandlung Ihrer Patientinnen besonders wichtig?

Die Patientinnen sollen in unserer Klinik bestmöglich betreut werden. Auch wenn die medizinische Behandlung im Vordergrund steht, sind Faktoren wie die Pflege auf Station, die Verwaltungsabläufe und die Vermeidung unnötiger Wartezeiten mindestens genauso wichtig. Am wichtigsten ist mir daher ein wertschätzender Umgang mit unseren Patientinnen in allen Bereichen. Eine Operation ist immer eine Ausnah­me­si­tua­tion und führt zu Verunsicherung und letztlich zu Angst. Meine Mitarbeiterinnen und ich behandeln unsere Patientinnen daher so, wie wir selbst gern behandelt werden möchten. 

Viele der Beschwerden, die Sie behandeln, sind in der Öffentlichkeit noch immer tabuisiert. Wie macht sich das in Ihrem Berufsalltag bemerkbar?

Über manche Beschwerden spricht man einfach ungern. Umso wichtiger ist es, dass man als Arzt gezielt danach fragt. Ein Beispiel ist das Thema Inkontinenz. Es ist sehr wichtig, Frauen über Möglichkeiten der Therapie zu informieren und Patientinnen zu ermutigen, Hilfe zu suchen. Dieses Leiden können wir im Bürger­hospital übrigens mit einem kurzen, minimal-invasiven Eingriff erfolgreich behandeln und vielen Frauen damit wichtige Lebensqualität zurückgeben. 

Was sind Ihre Ziele für die neue Klinik?

Meine grundlegenden Ziele haben sich mit der neuen Klinik eigentlich nicht geändert: nämlich den hohen Erwartungen der Frauen, die sich mit ihren Beschwerden an uns wenden, bestmöglich gerecht zu werden. Dafür finde ich hier sehr gute Voraussetzungen vor. Zumal ich mein wunderbares Team ins Bürger­hospital mitbringe, das sich mit der gleichen Hingabe für das Wohlergehen unserer Patientinnen einsetzt, wie ich es tue. Es freut mich sehr, dass beispielsweise meine Sekretärin, die Stationsassistenz und die besten Ärzte meines Teams den Weg ans Bürger­hospital mit mir gegangen sind. Das zeugt vom guten Miteinander und großen Vertrauen, das wir untereinander pflegen. Ich finde, das sind beste Voraussetzungen, um hohe Patient­en­zufrie­den­heit zu erreichen und unsere Medizin durch innovative Verfahren voranzubringen. 

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Seit Oktober 2024 ist Prof. Hornemann Chefarzt der Klinik für Operative Gynäkologie am Bürger­hospital Frankfurt. Die Klinik ist auf die operative Behandlung gynäkologischer Erkrankungen spezialisiert. Besonders großen Wert legen Hornemann und sein Team dabei auf minimal-invasive Opera­tions­tech­niken und endoskopische Eingriffe, die Patientinnen dank besonders kleiner Schnitte und moderner Instrumente eine zügige und nachhaltige Genesung ermöglichen.

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