Abschied von Geschäftsführer Wolfgang Heyl - „Ein starkes Team ist der Schlüssel zum Erfolg - denn zusammen sind wir unschlagbar!“

Nach 37 Jahren am Bürger­hospital, davon 16 Jahre als Geschäftsführer, tritt Wolfgang Heyl Mitte des Jahres in den Ruhestand. Im Interview reflektiert er bedeutende Meilensteine der vergangenen Jahrzehnte – und warum die kommende Krankenhausreform dem Bürger­hospital und dem Clementine Kinder­hospital wenig anhaben wird.

Sie haben 1987 im Bürger­hospital im Personalwesen begonnen. Vorher waren Sie unter anderem bei der Bundeswehr tätig. War der Wechsel in das Krankenhausumfeld gravierend?   

Ja, in gewisser Hinsicht. Und die Arbeitsumgebungen bei der Bundes-wehr und im Krankenhaus lassen sich nicht direkt vergleichen.

Wie war die Situation des Hauses zu dieser Zeit?

Zum Zeitpunkt meines Eintretens war das Bürger­hospital unter der Führung von meinem Vorgänger Jürgen Wauch gerade dabei, wieder positive finanzielle Ergebnisse zu erzielen. Zuvor befand sich das Bürger­hospital über mehrere Jahre hinweg in einer beinahe aussichtslosen und katastrophalen wirtschaftlichen Lage.

Auch der Fachkräftemangel war damals in der Branche schon da… 

Ja, und zwar noch dramatischer als heute. Die Zustände heutzutage sind nicht mit denen vor 30 Jahren vergleichbar. Während der Balkankriege in den frühen 1990er Jahren und der daraus resultierenden Flucht vieler Menschen nach Deutschland verbesserte sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Pflegekräfte zeitweise. Seitdem verfolgen wir den Ansatz, nicht nur den eigenen pflegerischen Nachwuchs auszubilden, sondern auch die Integration ausländischer Pflegekräfte zu fördern. Wir müssen uns hier weiterhin anstrengen. 

Sie haben in Ihrer Zeit viele größere und große Gesundheitsreformen miterlebt. Alle hatten das Ziel, das Krankenhauswesen besser zu machen. Gab es nachhaltige Verbesserungen? 

Im Verlauf der letzten Jahre wurden einige Gesundheitsreformen durchgeführt, die alle das Ziel verfolgten, das Krankenhauswesen zu verbessern. Die Einführung von Fallpauschalen in den 1990er Jahren war ein erster entscheidender Schritt in diese Richtung. Dank dieser Maßnahme konnten Krankenhäuser erstmals finanzielle Über-schüsse erwirtschaften, wenn sie effiziente wirtschaftliche Strukturen implementiert hatten – eine Entwicklung, von der das Bürger­hospital glücklicherweise profitierte. Die erwirtschafteten Mittel wurden sinnvoll reinvestiert: Etwa in die Errichtung des Z-Baus am Bürger­hospital, der heute unter anderem unsere Intensivstation beherbergt, sowie später zur Schaffung eines Neubaus, in dem der Zentral-OP und die Kreißsäle untergebracht sind. In den späten 1990er Jahren wurde in Frankfurt eine kleine „Krankenhausreform“ durchgeführt, bei der die gemeinnützigen Einrichtungen in Frankfurt, durch den sogenannten „Budgetbehalt-Vertrag“, die Möglichkeit erhielten, Abteilungen mit anderen Kranken-häusern in der Stadt auszutauschen und Strukturen anzupassen, um Synergieeffekte  an den verschiedenen Standorten zu erzielen. Im Rahmen dieser Maßnahme konnten wir unseren bereits damals großzügigen Kreißsaal erweitern. Die Geburtshilfe des St. Katharinen-Krankenhauses wurde geschlossen, die Suchtmedizin wurde vom Frankfurter Diakonissenhaus übernommen und die Neonatologie nahm mit zunächst 6 Betten ihren Anfang. So kann es halt auch gehen und es hat gut funktioniert.

Und die kommende Krankenhausreform? 

Es bestehen noch erhebliche Unsicherheiten bei diesem Thema, insbesondere durch die Wankelmütigkeit der politisch Verantwortlichen. Meine Befürchtung ist, dass die geplante Reform nicht in dem Maße umgesetzt wird, wie es erforderlich ist. Dies liegt auch daran, dass die politischen Entscheidungsträger nicht erkennen wollen, dass eine alternde Bevölkerung einen erhöhten Bedarf an Gesundheits-dienstleistungen hat. Es mag vielleicht vernachlässigbar sein, wenn in einer Großstadt wie Frankfurt zwei oder drei kleine Krankenhäuser schließen. Jedoch wird es problematisch, wenn in ländlichen Gebieten Krankenhäuser schließen müssen, die für die medizinische Versorgung unerlässlich sind – und es dann beispielsweise innerhalb von 30 Minuten oder mehr keine Möglichkeit mehr gibt, einen Schlaganfall, eine Geburt oder einen Herzinfarkt zu behandeln. Aktuell gehen viele Häuser in die Insolvenz oder sind gefährdet.  Darunter sind auch Häuser, die eigentlich für die Versorgung der Bevölkerung benötigt werden. Ohne eine sinnvolle Reform wird sich diese Entwicklung bedauerlicherweise nicht aufhalten lassen.

Das hört sich zum Teil frustrierend an.  

Viele Krankenhäuser empfinden dies als frustrierend, insbesondere jene, die versäumt haben, sich zu spezialisieren. Das Bürger­hospital und das Clementine Kinder­hospital hin­gegen erfreuen sich einer besseren Position und haben wenig Grund zur Sorge hinsichtlich der anstehenden Reform oder deren Auswirkungen.

In Ihre Zeit fällt auch der Zusammenschluss mit dem Clementine Kinder­hospital vor nunmehr 15 Jahren. Wie kam es damals dazu?

Eine enge Zusammenarbeit bestand bereits seit den frühen 2000er Jahren. Zu dieser Zeit verfügte das Bürger­hospital über eine große Geburtsklinik, jedoch fehlte es an einer neonatologischen und pädiatrischen Abteilung, um ein Perinatal­zentrum zu werden. Im Jahr 2001 ermöglichte eine Spende der Carls Stiftung die Einrichtung einer Neonatologie im Bürger­hospital. Und etwa ab 2006 gab es dann informelle Gespräche, um erneut auszuloten, ob eine Fusion möglich sein könnte. 

Heute sind die beiden traditionsreichen Krankenhäuser in gemeinsamer Trägerschaft, haben sich aber ihre eigene Identität bewahrt. Inwieweit ist das für einen Geschäftsführer schwierig zu händeln?

Mittlerweile sind sich die Belegschaften nähergekommen und der Austausch ist sehr gut. Aber das Clementine Kinder­hospital hat sich, wie ich finde, eine Heimeligkeit bewahrt, genau wie es am Bürger­hospital auch einen besonderen Geist gibt. Die Interaktionen der beiden Häuser miteinander zeichnen sich im Vergleich zu anderen Krankenhäusern durch Kollegialität und Freundlichkeit aus. Dies ist zum Teil auf die vergleichsweise niedrige Fluktuationsrate zurückzuführen, die dazu führt, dass sich unsere Mitarbeitenden im Laufe der Zeit besser kennenlernen und sich zu schätzen wissen, was wiederum die Kommunikation erleichtert. Es ist jedoch wichtig, dass die Mitarbeiter im Blick behalten und aktiv eingebunden werden, damit Probleme und Wünsche bezüglich des Arbeitsplatzes angesprochen werden können. Trotz des zunehmenden Mitarbeiterwachstums und der Herausforderung, wichtige Ereignisse wie runde Geburtstage, Jubiläen, Hochzeiten oder die Geburt eines Kindes im Auge zu behalten, ist es uns ein Anliegen, auch diese Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten, um unseren Werten treu zu bleiben.

In Bezug auf die vergangenen Jahrzehnte und die Frage, ob es Dinge gibt, die rückblickend anders gemacht werden sollten, lautet die Antwort:

Im Rückblick sieht man die eine oder andere Entscheidung objektiver und verbesserungswürdiger, aber grundlegend bin ich der Meinung, stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben.

Und gibt es Ereignisse, auf die Sie besonders stolz sind? 

Wir sind stolz auf die hohe Anzahl an langjährigen Kolleginnen und Kollegen, die seit ihrer Zeit beim Zivildienst, der Ausbildung oder dem Studium treu an unserer Seite sind und ihren beruflichen Weg mit uns fortsetzen möchten. Diese Beständigkeit erstreckt sich über alle Hierarchieebenen. Persönlich freut es mich besonders, dass es gelungen ist, die Abteilungs- und Leitungsstrukturen kontinuierlich auszubauen und zu festigen. Trotz gelegentlicher Reibung auf der Führungsebene funktioniert es dennoch, die leitenden Persönlichkeiten weitgehend
zusammenzuhalten. Stolz macht mich auch, zwei zukunftssichere Häuser zu übergeben.

In den vergangenen Jahren waren Sie auch Verhandlungsführer bei Tarifverhandlungen für die Arbeitgeberseite. Welche Fortschritte konnten erzielt werden und welche Maßnahmen sind noch erforderlich, um in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Branchen Schritt zu halten?

In den letzten drei Tarifverhandlungen, an denen ich maßgeblich beteiligt war, konnten erhebliche Entgeltsteigerungen von bis zu 25 Prozent erreicht werden. Diese Verbesserungen, vor allem im Pflege- und Funktionsdienst, waren dringend erforderlich, da die bisherige Bezahlung nicht angemessen war. Der Weg zu diesen Verbesserungen war anspruchsvoll, insbesondere auf Seiten der Arbeitgeber. Es ist jedoch unerlässlich, angemessene Gehälter zu gewähren, um qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Dies gilt für alle Berufsgruppen. Gemeinsam mit den Ärztinnen und Ärzten konnten wir erfolgreich einen Haustarifvertrag aushandeln, der verbesserte Konditionen im Vergleich zum branchenüblichen Tarifvertrag sowie attraktivere Zeitzuschläge vorsieht. Unser vorrangiges Ziel besteht darin, die Arbeitsbedingungen kontinuierlich zu optimieren. Durch die Schaffung von attraktiven Arbeitsbedingungen streben wir danach, uns von unseren Mitbewerbern abzuheben.

Abschließend, um das Gespräch abzurunden, bitte ich Sie, die folgenden drei Sätze zu vervollständigen: Für meinen Ruhestand habe ich das klare Ziel, …

… kontinuierlich aktiv zu bleiben und mich nicht zur Ruhe zu setzen sowie mehr Zeit für die Familie und Freunde zu haben.

Was ich definitiv nicht vermissen werde, …

… sind die zahlreichen geschäftlichen Aktivitäten und Termine und der oft vorhandene Zeitdruck.

Ein prägnantes Ereignis, an das ich mich immer erinnern werde, …

… Da gibt es kein bestimmtes Ereignis. Die Zeit, die ich hier verbracht habe, war eine facettenreiche Erfahrung mit vielen Höhepunkten und Heraus­for­de­rungen. Ich möchte sie nicht missen. Es war gut! 

Ich bedanke mich herzlich für das Gespräch!

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