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Die Zukunft der Krankenhaushygiene - Hygienestandards verbessern, Schulungen intensivieren, Patientensicherheit erhöhen

Seit Anfang 2024 leitet Dr. med. Jan Hendrik Hellmann die Krankenhaushygiene und das Infektionsmanagement am Bürgerhospital und am Clementine Kinderhospital. Vor dem Hintergrund seiner langjährigen Erfahrung betont er: „Eine der größten Herausforderungen ist die Zunahme multiresistenter Erreger, die durch den sorglosen Einsatz von Antibiotika im medizinischen Sektor und der Tiermast entstehen.“ Diese Erreger sind besonders gefährlich für bereits geschwächte Patient:innen und lassen sich nicht mit üblichen Antibiotika bekämpfen.
Hellmann warnt: „Ein ernstes Szenario ist das postantibiotische Zeitalter, in dem Antibiotika als Therapieoption wegfallen und uns nur noch Präventionsmaßnahmen im Kampf gegen Infektionen bleiben. Krankheiten, die heute relativ einfach behandelt werden, könnten bald nicht mehr gezielt behandelbar sein.“ Solche Herausforderungen verdeutlichen die Notwendigkeit präventiver Schritte in der Krankenhaushygiene und eines rationalen Antibiotikaeinsatzes.
Um einen gezielteren Einsatz von Antibiotika zu fördern, leitet Hellmann das Antibiotic-Stewardship-Team (ABSTeam). Dieses Team, bestehend aus ABS-Expert: innen, Mikrobiolog:innen und Fachapotheker:innen, führt regelmäßige Infekt-Visiten auf den Intensivstationen durch und erstellt in Zusammenarbeit mit den ABS-beauftragten Ärzt:innen der klinischen Disziplinen Antibiotika-Leitlinien. Dadurch werden schnellere Genesungen sowie weniger Nebenwirkungen und Resistenzen erreicht.

Die Schulung der klinisch tätigen Mitarbeiter:innen durch Hygienefachpersonal ist ein weiterer zentraler Bestandteil der Hygienearbeit. Zunächst ermitteln Fachkräfte den spezifischen Schulungsbedarf, indem sie Prozesse beobachten und Rückmeldungen von den Stationen, Hygienebeauftragten und Leitungen einholen. Auf dieser Grundlage entwickelt die Abteilung für Krankenhaushygiene Konzepte, die aktuelle medizinisch-wissenschaftliche Evidenz, Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und gesetzliche Vorgaben berücksichtigen. „Der direkte Austausch mit den klinischen Disziplinen ist mir besonders wichtig“, betont Hellmann. „Nur so können unsere Empfehlungen praxistauglich sein und im Arbeitsalltag Akzeptanz finden.“
In theoretischen und praxisnahen Workshops erläutern die Hygienefachkräfte die Hygienekonzepte und Verfahren, wobei sie Hygienemaßnahmen wie korrektes Händedesinfizieren und die Anwendung von Schutzausrüstungen trainieren. Regelmäßige Fortbildungseinheiten, Hygiene-AGs und Kommissionssitzungen unterstützen dabei, das Wissen aufzufrischen und neue Entwicklungen in die Praxis zu integrieren. Das Hygieneteam steht als Ansprechpartner für die klinisch tätigen Kolleg:innen zur Verfügung, um Fragen zu klären und spezifische Herausforderungen zu meistern. Durch kontinuierliche Evaluation wird sichergestellt, dass die Hygienestandards im Krankenhaus konsequent eingehalten werden, um die Patientensicherheit zu gewährleisten.
Für eine angemessene Qualitätssicherung spielen die Ausbildung und das Engagement der Hygienefachkräfte eine entscheidende Rolle. Hellmann hebt die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zwischen Hygienefachkräften und Hygieneärzt:innen hervor, um den komplexen Herausforderungen in der Krankenhaushygiene auf allen Ebenen gerecht zu werden. Diese enge Kooperation mit Hygienebeauftragten auf Station ermöglicht die erfolgreiche Umsetzung von Hygienemaßnahmen und sensibilisiert die Mitarbeitenden für die Bedeutung von Hygiene und die Folgen ihrer Missachtung. Eine Vernetzung zwischen medizinischem Personal, Pflegekräften und Hygienefachpersonal ist daher unerlässlich. „Nur gemeinsam können diese Teams die hohen Standards in der Krankenhaushygiene aufrechterhalten. Ein interdisziplinäres Team fördert nicht nur den effektiven Wissenstransfer, sondern verbessert auch die Kommunikation zwischen den Berufsgruppen“, fasst Hellmann zusammen.
„Ein interdisziplinäres Team fördert nicht nur den effektiven Wissenstransfer, sondern auch die Kommunikation zwischen den Berufsgruppen.“

Abschließend befasst sich die Krankenhaushygiene intensiv mit der Krankenhausumgebung: „Das beginnt mit der Planung und Beratung zu Baumaßnahmen – denn in einem Krankenhaus wird immer irgendwo gebaut – und endet bei Messverfahren Raumlufttechnischer Anlagen sowie bei Trinkwasser- und Umgebungsuntersuchungen auf mikrobiologische und gegebenenfalls chemische Belastungen“, erklärt Hellmann.Insgesamt wird deutlich, dass die Krankenhaushygiene mehr denn je im Mittelpunkt des medizinischen Handelns stehen muss. Die Herausforderungen durch neue und resistente Erreger erfordern entschlossenes Handeln und eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten im Gesundheitswesen. Nur durch effektive Hygienemaßnahmen und einen bewussten Umgang mit Infektionsrisiken können Krankenhäuser die Sicherheit ihrer Patient:innen gewährleisten und das Risiko von Krankenhausinfektionen deutlich minimieren.