
Gesundheitsthemen | Facharztzentrum
Ambulante gynäkologische Versorgung: Krebsvorstufen frühzeitig erkennen
Frau Dr. Hill, was ist eine Dysplasie und wie macht sie sich bei Frauen bemerkbar?
Unter Dysplasie versteht man, bezogen auf Gebärmutterhals, Scheide und Schamlippen, eine Zellveränderung im Sinne einer Krebsvorstufe. Diese wird in den allermeisten Fällen durch eine Infektion mit Hochrisiko-Humanen Papillomaviren (sog. HPViren) verursacht. In der Regel haben die Frauen bei Krebsvorstufen keine Beschwerden.
Deshalb ist es so wichtig, dass sich alle Frauen regelmäßig zur Krebsvorsorge bei ihrer Frauenärztin oder ihrem Frauenarzt vorstellen. Eine Krebsvorstufe birgt immer das potenzielle Risiko, in eine Krebserkrankung überzugehen. Eine, vielleicht sogar die Hauptursache für die Entwicklung eines Gebärmutterhalskrebses ist immer noch die Nichtteilnahme an der Krebsvorsorge. Unser Ziel ist es deshalb, im Rahmen der Abklärung die Veränderungen zu finden, die unmittelbar in eine Krebserkrankung übergehen können bzw. eine Krebserkrankung zu detektieren, wenn sie bereits vorliegt.
Wie häufig kommen Dysplasien vor?
Seit 1971 ist in Deutschland die Krebsfrüherkennungsuntersuchung etabliert. Jährlich werden zwischen 15 und 18 Millionen Frauen im Rahmen dieser Krebsfrüherkennung untersucht. In den letzten Jahren haben wir eine stabile Rate von ca. 1,6 Prozent auffälliger zytologischer Abstriche ab der Gruppe III – also Zellabstriche vom Gebärmutterhals, die mindestens Zellen einer leichten Krebsvorstufe aufweisen. Die allermeisten auffälligen Abstrichbefunde sind zunächst einmal nur kontrollbedürftig. In vielen Fällen bilden sich diese veränderten Zellen auch wieder zurück und bedürfen keiner Therapie. Wann und in welchem Intervall diese Kontrollen zu erfolgen haben und wann genau ein auffälliger Abstrichbefund abgeklärt werden muss, ist in der organisierten Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (oKFE-RL) genau geregelt.
Wie läuft die Abklärung einer Dysplasie ab?
Eine Abklärung bedeutet, dass die Patientin eine sogenannte Abklärungskolposkopie erhält. Das ist eine spezielle Lupenuntersuchung von Gebärmutterhals, Scheide und Schamlippen, die mithilfe von medizinischer Essig- und Jodlösung Krebsvorstufen sichtbar machen kann. So kann dann zielgenau eine Probe entnommen werden. Je nach Ergebnis bespricht man mit der Patientin das weitere Vorgehen. Neben dem feingeweblichen Befund der Probe gibt es noch andere Faktoren, die wir in der Empfehlung für das weitere Vorgehen beachten müssen. Beispielsweise spielen neben der Schwere der Krebsvorstufe auch die Familienplanung der Patientin, die Beurteilbarkeit des Gebärmutterhalses, die zytologischen Vorbefunde und der Virustyp eine Rolle.
Muss eine Dysplasie immer operiert werden?
Nicht jede Krebsvorstufe muss zwingend operiert werden. Wir können durch eine exakte Abklärung unnötige Operationen vermeiden. Dies ist insbesondere bei jungen Frauen mit noch nicht abgeschlossener Familienplanung wichtig, da Operationen am Gebärmutterhals das Frühgeburtlichkeitsrisiko negativ beeinflussen. Insbesondere leichte und mittelgradige Krebsvorstufen, ausgehend vom sogenannten Plattenepithel – das ist die Gewebeart, die den Gebärmutterhals umkleidet –, haben ein hohes Potenzial, sich zurückzubilden.
Wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind, können sie zunächst einmal verlaufskontrolliert werden. Ob dies medizinisch vertretbar oder vielleicht sogar sinnvoll ist, wird mit der Patientin in Abhängigkeit zu ihrer individuellen Situation und Vorgeschichte im Rahmen der Abklärung besprochen. Schwere Krebsvorstufen und solche, die vom Drüsengewebe ausgehen, werden in der Regel zeitnah operiert. Auch hier gibt es jedoch Ausnahmen, beispielsweise wenn diese Befunde innerhalb einer Schwangerschaft diagnostiziert werden.
Welche Vorkehrungen können Frauen treffen, um das Risiko einer Dysplasie zu verringern?
Der Schutz vor HPV-assoziierten Erkrankungen – und darunter fallen Dysplasien – durch die Impfung ist weltweit in vielen Studien belegt. In Deutschland wurde die HPV-Impfung im Jahr 2007 eingeführt, von der WHO wird sie seit 2008 empfohlen. In Deutschland haben wir im Jahr 2020 eine Impfrate von 51 Prozent bei 15-jährigen Mädchen erreicht. Seit 2018 wird die HPV-Impfung auch für Jungen von der Krankenkasse übernommen. Eine noch höhere Impfrate wäre wünschenswert. Die Impfung steht in Deutschland allen Kindern ab 9 Jahren zur Verfügung.
Vermutet wird zudem, dass neben der Infektion mit Hochrisiko-Humanen Papillomaviren Nikotinabusus eine Rolle in der Entwicklung von Krebsvorstufen am Gebärmutterhals darstellt. In der Sprechstunde befragen wir hierzu alle Patientinnen. Sofern dies bejaht wird, raten wir zu einer Raucherentwöhnung. Kondome stellen einen guten Schutz vor sexuell übertragbaren Erkrankungen dar, wobei auch die konsequente Anwendung nicht zu 100 Prozent vor einer HPV-Infektion schützt.
Dr. med. Franziska Hill arbeitet seit 2023 in der Frauenarztpraxis im Bürgerhospital und leitet die Einrichtung zusammen mit ihrer Kollegin Dr. med. Corinna Vallo. Vorher war sie am Gesundheitszentrum Wetterau tätig, wo sie ab 2015 die Leitung der Dysplasiesprechstunde der dortigen Frauenklinik verantwortete. Im Jahr 2023 erfolgte die Re-Re-Zertifizierung für die personengebundene Dysplasiesprechstunde durch Onkozert. Seit 2011 ist sie Mitglied der AGCPC (Arbeitsgemeinschaft Zervixpathologie und Kolposkopie e. V.).
Terminvereinbarung
Eine Terminvereinbarung in der Frauenarztpraxis ist telefonisch möglich: (069) 1500-5830.
Wichtig: Für einen Termin in der Dysplasiesprechstunde ist eine Überweisung Ihres Frauenarztes bzw. Ihrer Frauenärztin nötig.